Ich vertrete die Ansicht, dass wir Kindern zutrauen sollen, ihre Streitigkeiten selbst zu klären. Beobachten wir zum Beispiel Kinder, welche unbeaufsichtigt miteinander im Sandkasten spielen, fällt uns auf, wie schnell sich ihre Meinungsverschiedenheiten in Luft auflösen und sie wieder Frieden schliessen. Mischen sich jedoch Eltern oder Erzieher(innen) ein und möchten ihre gut gemeinten Ratschläge und Vorschläge einbringen, wird der Konflikt meistens komplizierter und dauert auch länger.
Falls wir dennoch das Gefühl haben, dass Kinder in einem Streit unsere Unterstützung brauchen, möchte ich gerne folgende sechs hilfreichen Punkte beim Vermitteln aufführen. Wir nehmen dabei nicht die Rolle eines Schiedsrichters ein, sondern eher die eines Dolmetschers - und helfen damit unseren Kindern, eigene Lösungen für ihr Problem zu entwickeln.
1. Neutraler Einstieg:
Wenn wir mit einem neutralen (!) Türöffner starten, um bei einem Streit zu vermitteln, machen wir gleich zu Beginn klar, dass wir nicht (mehr) bereit sind, Partei für jemanden zu ergreifen. Anstatt "Warum hast du das getan?" sagen wir zum Beispiel "Was ist hier gerade das Problem?" oder "Ich sehe/höre, ihr seid euch gerade nicht einig..."
2. Miteinander reden:
Wenn Kinder es gewohnt sind, dass wir uns in ihre Streitigkeiten einmischen, reden sie häufig mit uns über die anderen Kinder. Hier ist es unsere Aufgabe als Vermittler, sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie ein Problem haben und darum sie miteinander reden müssen.
3. Zugewandte Haltung:
Häufig schauen die Kinder zu uns und beschweren sich gegenseitig über das andere Kind. Die Körpersprache ist ein wichtiger Bestandteil unserer Kommunikation - lediglich 7% der Kommunikation beziehen sich auf das gesprochene Wort. Darum finde ich es sehr hilfreich, wenn sich die Kinder einander zuwenden, um einen Konflikt zu bewältigen.
4. Zwischen den Zeilen:
Wenn Kinder starke Gefühle haben (und das haben sie zwangsläufig in einem Streit), formulieren sie häufig angriffige und verletzende Sätze, um Dampf abzulassen. Unsere Aufgabe ist es nun, zwischen den Zeilen zu hören und die Aussagen nochmals in anderen Worten wieder zu geben. Wenn ein Kind zum Beispiel schreit: "Ich spiele nie mehr mit dieser blöden Kuh!" könnten wir sagen: "Du bist so wütend auf sie, dass du nie mehr mit ihr spielen möchtest." oder wenn das Kind ausruft: "Er schummelt immer beim Spiel!" könnten wir sagen: "Es macht dir keinen Spass zu spielen, wenn sich nicht alle an die Regeln halten." Wir formulieren eine neutrale Botschaft für das Kind und so fällt es dem Gegenüber leichter, konstruktiv auf die Äusserungen zu reagieren.
5. Standhaft bleiben:
Gerade zu Beginn dieses neuen Umgangs mit Streit werden die Kinder versuchen, uns in den Konflikt hineinzuziehen. Sie sind es sich vielleicht gewohnt, dass wir uns einmischen, Partei ergreifen oder unsere eigenen Lösungsvorschläge bringen. Hier ist es wichtig, dass wir unseren Standpunkt klar machen: "Ich traue euch zu, dass ihr es schafft, euer Problem selber zu lösen."
6. Eigene Lösungen:
Wenn Kinder lernen ihre Probleme selbst zu lösen, ist es sehr wichtig, dass wir selbst keine Lösung vorgeben. Die Kinder müssen (und werden!) eigene Lösungen finden. Sie müssen damit zufrieden sein - und nicht wir. Selbstverständlich müssen wir die Lösung akzeptieren können, doch das ist meistens weniger das Problem, als dass wir von unserer eigenen Vorstellung einer "guten Lösung" abkommen müssen.
Zum Schluss noch ein Zitat von Kurt Tucholsky: "Indianer sind entweder auf dem Kriegspfad oder rauchen Friedenspfeife - nur Geschwister können beides." Wie recht er doch hat...
Zum Schluss noch ein Zitat von Kurt Tucholsky: "Indianer sind entweder auf dem Kriegspfad oder rauchen Friedenspfeife - nur Geschwister können beides." Wie recht er doch hat...
Liebe Grüessli,
Barbara
Erziehung ist (k)ein Kinderspiel
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